Unser großes Ziel war es die Licht- und Schattenseiten Weimars näher kennenzulernen und uns nicht nur geschichtlich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sondern auch literarische Größen wie Schiller und Goethe genauer zu betrachten.
Am Dienstag, den 21.01.2025, startete unsere Reise. Von Zwickau aus wäre unsere Reisegruppe in reichlich zwei Stunden in Weimar angekommen. Doch durch einen verpassten Zug mussten wir unerwartet zwei zusätzliche Stunden in der „Weltstadt“ Gößnitz verbringen. Dennoch minderte dies unsere Vorfreude nicht – im Gegenteil: Wir waren umso gespannter, endlich unser Ziel zu erreichen. Angekommen, machte sich die Gruppe auf zum Deutschen Nationaltheater (DNT). Auf uns wartete bereits der Bundesfreiwillige Jan, unser Tourguide, der uns durch die Nischen und Gänge des Theaters führte. Reichlich anderthalb Stunden bekamen wir einen Einblick hinter die Kulissen des Theaters und durften unter anderem auch den Maskenbildnern, die nicht nur für das Makeup, sondern auch für Perücken zuständig sind, den Schneidern und den Bühnenbildnern über die Schulter schauen und erhielten von Jan zum Abschluss einen kurzen Exkurs in die Geschichte des DNTs. Dabei stießen wir in den ersten Stunden in Weimar bereits auf einige Schattenseiten dieser Stadt. So erzählte uns Jan auch, dass das Theater von der NSDAP übernommen wurde, die Hitler-Jugend darin gegründet wurde und dass alle Angestellten, die nicht die gleiche Ideologie wie die NSDAP verfolgten, aus ihrer Arbeitsstätte entfernt wurden. Das Theater wurde zu einer eintönigen Spielstätte, die nicht nur jegliche Diversität verbot, sondern auch ausschließlich ideologiekonforme Stücke aufführte.
Nach dieser facettenreichen Führung machten wir uns sofort auf in das nahegelegene Schiller-Museum, dessen Ausstellung „Caspar David Friedrich – Goethe und die Romantik in Weimar“ mit imposanten Gemälden auch anderer Künstler beeindruckte. Für einen krönenden Abschluss des ersten Tages in Weimar sorgte ein weiterer Besuch im DNT. Dieses Mal waren wir Zuschauer des Stückes „Hoffnung – Schiller synthesized“. Wir lauschten einem der Schauspieler Schillers Balladen wie „Der Taucher“, „Die Kraniche des Ibykus“ oder auch „Der Handschuh“. Das Besondere: Alle Werke wurden musikalisch mit elektronisch animierten Drum-Sounds und Live-Klängen neuartiger Synthesizer untermalt.
Der Mittwoch startete bereits in den frühen Vormittagsstunden mit einer Stadtführung mit dem Fokus auf der wechselseitigen Historie der Stadt „gefeiert und missbraucht“. Dabei übermittelte uns der Guide viel Wissen mit Einblicken in das Damals und Heute. Wer hätte denn bspw. gewusst, dass das Goethe-Schiller-Denkmal nicht den realen Körpergrößen der Dichter entspricht, sondern Schiller eigentlich 1,90m und Goethe hingegen nur 1,69m groß war? Unser Tourguide erklärte uns, dass der Künstler dieses Denkmals absichtlich beide Schriftsteller auf Augenhöhe darstellte um beide „ebenbürtig“ und als Symbol für besondere Zusammenarbeit zu präsentieren. Am Nachmittag stand ein Programmpunkt auf dem Plan, der für die Reise nach Weimar sowohl der Höhe- als auch der emotionale Tiefpunkt war: der Besuch der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald. Eine besonders eindrucksvolle und bewegende Führung stand uns bevor, die zugleich den historischen Tiefpunkt Weimars markiert und eine Erinnerung an die dunkelste Zeit der Stadtgeschichte darstellt. Wir erhielten einen markerschütternden Einblick in die damaligen Gefangenenzellen, die selbst 80 Jahre nach der Schließung des Konzentrationslagers einem noch die unmenschlichen Bedingungen und das unermessliche Leid der Häftlinge spürbar machen. Unser Guide führte uns über die riesige Freifläche zum Pathologiegebäude und dem danebenliegenden Krematorium. Zuvor sahen wir von der Ferne das Desinfektionsgebäude und standen später inmitten der Nachbildung des einstigen Arztzimmers mit anliegender Genickschussanlage. Alle Eindrücke erinnern an die damalige Zeit. Das volle Ausmaß des Grauens übersteigt jedoch jede Vorstellungskraft!
Am letzten Tag unserer Projektreise bekamen wir noch einmal die Chance, uns breitgefächert über Weimar zu informieren. In Gruppen aufgeteilt, erarbeiteten wir uns mithilfe verschiedenster Stadtrallyes Themen wie bspw. „Weimar in der NS-Zeit“, „Weimar in der DDR“ und „Weimars Denkmäler“. Kurz vor der Abreise erhielten wir noch eine Führung durch die berühmte Herzogin Anna Amalia Bibliothek und waren erstaunt zu hören, dass rund eine Millionen Bücher und andere Dokumente dort gelagert werden. Doch das Highlight war mit Abstand der Rokokosaal. Mit einer tragischen Vorgeschichte durch den Brand im Jahr 2004 macht der Saal heute mit seinen goldenen Akzenten, historisch-restaurierten Büsten Persönlichkeiten damaliger Zeit und der Sammlung alter Bücher seinen Namen alle Ehre.
Mit der Annahme, dass wir pünktlich 18:00 Uhr mit dem Zug zurück nach Zwickau fahren würden, nahmen wir unsere Koffer und warteten erschöpft, aber voller Eindrücke der letzten Tage, auf unseren Zug. Stattdessen erlebten wir auch da ein wahres Auf und Ab der Gefühle – Weimars Licht und Weimars Schatten auch bei der Deutschen Bahn. Über zwei Stunden saßen wir aufgrund von Vandalismus auf den Bahngleisen am Hauptbahnhof Weimar fest. Doch nach etlichen gestrichenen Zügen und bei der für 20:00 Uhr ursprünglich-geplanten Ankunft in Zwickau wurde ein „Stranden“ in Glauchau, von wo uns dann unsere Eltern gegen 22:30 Uhr abholten.
Am Freitag hieß es dann, unser Gelerntes für den Tag der offenen Tür an unseren Internationalen Schulen Reinsdorf vorzubereiten, damit wir am Nachmittag interessierten Eltern und potenziellen neuen Schülern das Weimar-Projekt nahezubringen. Dabei hielt uns die anhaltende Müdigkeit aufgrund der strapaziösen vergangenen Tage nicht auf, innerhalb weniger Vormittagsstunden einen ganzen Klassenraum zu unserem Thema zu gestalten und alles Wichtige aus den drei Tagen zusammenzufassen und leserlich für die Gäste auszulegen. Ein echter Favorit unter den Besuchern war dabei die Station über die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald.
Kurzgefasst war dieser Ausflug einer der ereignisreichsten, den wir je erlebt haben. In nur weniger als einer halben Woche haben wir mehr Aufs und Abs in Bezug auf die Geschichte Weimars mit Strahlkraft für ganz Deutschland, Europa und gar der Welt durchlebt als je zuvor. Die Vielfalt der Eindrücke, die uns sowohl in emotionaler als auch in historischer Hinsicht sammelten, werden uns wohl noch lange unsere Erinnerung prägen.
Jessica Bauer – Schülerin 10IGR
Telefon: +49 375 212595
Internationales Gymnasium Reinsdorf
Mittlerer Schulweg 13
08141 Reinsdorf